Die Wirklichkeit der Bilder — Abstraktion in der Realität / Realität in der Abstraktion
1. Acryl, Mischtechnik und Firnis auf Fotografie
2. Malerei – Acryl auf Nessel
1. Acryl und Mischtechnik auf Fotografie
Auslöschung bestehender Formen
Der Ursprung der Werkgruppe „Vergänglichkeit“, aus den Jahren 2013 bis 2017, ist ein realistisches Foto, ein fertiges Bild mit Formen und Farben — eine Serie über die Vergänglichkeit des Lebens, eine Elegie über Leben und Tod. Der Hauptdarsteller ist ein Hund. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen ist er 16 Jahre alt. Kurz nach den Aufnahmen ist er verstorben. Auf seinem Kopf sitzt eine Kröte.
Der Zyklus besteht aus sieben gleichformatigen Fotografien. Im Arbeitsprozess werden Acrylfarben in Form ungegenständlicher Textur mit dem Pinsel auf die Fotoschicht aufgetragen. Ebenfalls wird aus der angelösten Fotoschicht Farben herausgenommen. Dadurch werden im Malprozess schleichend, statt der bestehenden Formen, immer mehr weiße Flächen sichtbar. Sequenzartig lösen sich die realistischen Formgebilde auf. Im siebten und letzten Bild sind informelle Pinselstriche sichtbar, die neues anzukündigen scheinen.
2. Malerei auf Nessel
Der Ursprung dieser malerischen Arbeiten liegt im Wort, im Text des Alten Testaments. Verschiedene Themen aus dem Alten Testament haben mich in diesem Zeitraum sehr interessiert. Es sind die betitelten Gemälde „O. T, Der Gläubige“, „O. T, der Ungläubig“, die Serie „7 Tage der Schöpfungsgeschichte“ und eine kleinformatige Serie „Kreuzungen“ von 2000 bis 2005 entstanden.
Die Arbeiten legen eindrucksvoll Zeugnis davon ab, dass Henschels Werke eigentlich immer in der Wirklichkeit gründen. Sie folgen der unmittelbaren Erfahrungs- oder Vorstellungswelt der Künstlerin. Ihre Abstraktheit siedelt nie im luftleeren Raum, sondern hat Bodenhaftung. Die Arbeiten sind – wie üblicherweise “ ohne Titel“ betitelt, damit die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. In diesen Arbeiten wird die religiöse Bezugnahme bearbeitet.
Die abstrakten Motive sind in beispielhafter Verdichtung von konkreten Assoziationen getränkt. Das Helle steht in symbolischer Weise gegen das Dunkle, das Terrestrische gegen das Numinose, das Verdrehte gegen das Klare usw. Der Ungläubige ist in seiner dynamischen Bewegtheit im Stillstand fixiert.
Die statischen Flächen des Gläubigen scheinen sich leicht und schwebend von den Kräften der Gravitation zu lösen.
Von 2000 bis 2001 entstand der Zyklus der „Sieben Tage der Schöpfungsgeschichte“. In diesen narrativen Themen geht es nur darum, über malerische Äquivalente ein bestimmtes Klima zu schaffen, in dem der Betrachter den Geist der Genesis wiederfindet.